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Interview: ELVELLON
Titel: Zentriert

Mit ihrem vielfach gelobten 2018er Debütalbum „Until Dawn“ konnten die Nordrhein-Westfalen um Sängerin Nele Messerschmidt bereits so einige geschmackvolle Ohrenpaare zum wonnigen Zucken bringen. Es folgten diverse Gigs und Festivalslots in Europa.

Jetzt legt die zum Quintett angewachsene Formation endlich den Nachfolger vor. „Ascending In Synergy“ betitelt, präsentieren Elvellon darauf neue eigenständige Lieder nach bewährtem Symphonic-Metal-Muster, jedoch in zeitgemäßerem als auch konkretisierterem Ansatz.

Wie Bassist Jan Runkel bilanziert, haben sich Elvellon 2019, dem ersten Jahr nach dem Release des Debüts, vor allem auf Konzerte konzentriert. „Unter anderem konnten wir im damaligen Sommer ein paar großartige Festivals spielen – zum Beispiel das Rock Fest in Barcelona und das RockHarz Open Air. Ein anderes Highlight des Jahres war die Tour mit Visions Of Atlantis. Danach wurden unsere Pläne für 2020 durch die Pandemie komplett zerstört und wir haben eine Weile gebraucht, um wieder zu einem produktiven Arbeitsmodus als Band zu finden. In den folgenden Jahren haben wir uns dann quasi komplett auf das neue Album fokussiert und fast keine Konzerte gespielt. Eines der wenigen war eine Supportshow für DORO. Bei solchen Gelegenheiten musste das Songwriting dann doch hinten anstehen. Im Hintergrund sind auch ein paar entscheidende Dinge passiert. Allen voran unser neuer Plattendeal, den wir 2020 unterzeichnet haben.“

Keyboarder Pascal Pannen ergänzt: „Ende 2018 hat uns unser Bassist Phil leider verlassen. Über einen gemeinsamen Bekannten haben wir glücklicherweise schon wenig später in Jan Runkel einen perfekt passenden Ersatz gefunden. Er war ab 2019 aus privaten Gründen erst mal nur als Live-Aushilfe mit uns unterwegs. Als dann die Aufnahmen anstanden haben wir ihn gefragt, ob er den Bass fürs Album einspielen will und seit 2023 gehört er ganz offiziell zur Band.“

Gitarrist Gilbert Gelsdorf freut sich dankend über den Zuspruch des Autoren zum neuen Werk.

„Wir alle sind super stolz auf das gesamte Album, aber auch sehr gespannt, wie unsere bisherigen Fans die neuen Songs aufnehmen werden. Ich würde schon behaupten, dass es sich für uns immer noch 100 % wie Elvellon anfühlt, allerdings verlief das Songwriting deutlich anders im Vergleich zu unserem Debütalbum. Beispielsweise konnte sich Nele dieses Mal viel mehr einbringen. Viele Gesangsmelodien und der Großteil der Texte stammen aus ihrer Feder. Zudem haben wir meiner Meinung nach unsere musikalische Dynamik erweitert. Denn unsere Orchester- sowie die Metal-Anteile sind gleichermaßen mehr geworden und haben sich verdichtet. Und das kompromissloser als zuvor. Ich hoffe sehr, dass es unseren Hörern gefallen wird.“

„Until Dawn“ wurde laut Drummer Martin ‚Maddin‘ Klüners von Musikmedien und Fans schon mal durchweg positiv aufgenommen.

„Wir haben kaum negative Stimmen wahrgenommen. Ich denke das liegt zum einen an einer musikalischen Qualität sowie der angenehmen Stimme unserer Sängerin Nele und anderseits daran, dass unser Sound unweigerlich an die Hochzeit des Symphonic Metal erinnert. Da fühlen sich immer noch viele Menschen heimisch und eine Schippe Nostalgie gehört sicherlich auch dazu. Das haben wir auf ‚Until Dawn‘ sicherlich und aus freien Stücken bedient.“

In der Covid-Zeit haben die Beteiligten alles rausgeholt, was rauszuholen ging, resümiert Keyboarder Pascal Pannen. „Unser Eifer war sehr groß und wir haben versucht alles möglich zu machen. Da wir vor dem Gesetz schon so etwas wie ein Unternehmen sind, konnten wir uns selbst Bescheinigungen ausstellen, welche wir bei Ausgangssperren vorzeigen konnten. Die Zeit nach dem ersten Schock haben wir mit Masken und einigen Metern Abstand im Proberaum verbracht. Das war zwar recht zermürbend, aber wir haben immerhin kleine Fortschritte bei den Songs gemacht. In der Rückschau würde ich jetzt behaupten, dass wir alles richtig gemacht haben.“

Wie Gilbert im Weiteren berichtet, haben Elvellon an ihrem klassischen Modell festgehalten, auch wenn das Grundgefühl beim Songwriting für „Ascending In Synergy“ doch ein anderes war als noch zuvor. „Pascal, Martin, Nele und ich haben uns regelmäßig im Proberaum getroffen und an Ideen gebastelt. Diese Ideen entstammen in den meisten Fällen von Tastenmann Pascal oder manchmal auch durch ein Gitarrenriff von mir. Oft sind es nur kurze Fragmente, die in einem - oder im besten Fall - mehreren von uns ein ganz bestimmtes Gefühl auslösen können. Daran basteln wir dann eine ganze Weile lang herum und erstellen über einen längeren Zeitraum ein Arrangement. Oft passiert das alles am Rechner, dieses Mal haben wir aber auch viele Teile zusammen an unseren Instrumenten ‚erspielt‘ und das direkt am Computer aufgenommen. Das lief alles angenehm rund und die Technik hat auch meistens mitgespielt. [lacht] Erst im letzten Schritt werden die Texte finalisiert. Die Ideen und Thematiken sind aber meistens von Anfang an dabei und begleiten das Songwriting, ja, greifen sogar darin ein. Am Ende fügt es sich wie ein Reißverschluss zusammen.“

Zum individuellen Verlauf der kompositorischen Zusammenarbeit für „Ascending In Synergy“ angesprochen, weiß Nele motiviert zu entgegnen:

„Das ist von Song zu Song unterschiedlich. Es gibt Ideen, die sehr schnell eine klare Form entwickelt haben und die sich daraufhin fast von selbst geschrieben haben. ‚Into The Vortex‘ ist dafür ein gutes Beispiel. Dagegen war ein Song wie ‚The Aeon Tree‘ deutlicher schwerer in der Entwicklung und hat auch in der Band schon zu ein paar Diskussionen geführt. Keiner in der Band hat am Anfang ahnen können, dass da so eine Nummer dabei herauskommen würde. Ich halte solche schweren Geburten für total wichtig, da sie in der Regel den Horizont der Band erweitern und man am Ende zusammen an einem neuen Ausgangspunkt steht. Wenn man beim Songwriting immer auf Sicherheit spielt und es nirgends reibt, gibt es musikalisch keine Entwicklung.“

Maddin zieht, wie er sagt, aus dem Songwriting nicht nur Freude oder positive Gefühle.

„Viel mehr gibt es mir oft Grund, den einzelnen Facetten der Musik nachzusinnen. Manches Mal entsteht aus den Anfängen eines Songs oder einer Textzeile eine ganz eigene Energie, die dem restlichen Verlauf entweder in seiner Entwicklung helfen oder ihm sogar einen völlig neuen Charakter verleihen. Dieser Prozess während des Songwritings fühlt sich manchmal an, als könnte ich mit jedem Schritt etwas tiefer durchatmen, was mich durchaus mit Leichtigkeit und Freude erfüllt.“

Zur Dauer des gesamten Songwritings für „Ascending In Synergy“ befragt, lässt Pascal wissen:

„Wir haben Ende 2019 begonnen an den ersten Ideen zu arbeitet. Dann wurden wir – wie sich alle denken können – eine Weile unterbrochen. Nach einigen Monaten ging es dann langsam weiter und wir haben sehr eifrig an den Songs gearbeitet. Im Herbst 2022 haben wir mit Schlagzeugaufnahmen angefangen und das Songwriting erst kurz davor abgeschlossen. Demnach würde ich schätzen, dass wir ca. eineinhalb bis zwei Jahre an dem neuen Album geschrieben haben.“

Auf die primären lyrischen Inhalte angesprochen - Albumtitel und einige Songtitel wirken fokussiert esoterisch, Sinn-suchend bzw. Fantasy-bezogen - weiß Nele zu entgegnen:

„Man kann ‚Ascending In Synergy‘ als Sammlung persönlicher Entwicklungsgeschichten betrachten und viele der Lieder handeln von der Auseinandersetzung mit sich selbst und seinem Innersten. Uns ist dabei immer wichtig, dass unsere Hörer sich in den Texten wiederfinden und etwas Positives für sich daraus ziehen können - und wir hatten schon viele super-interessante Gespräche mit Fans, die sich intensiv mit unseren Liedern auseinandergesetzt haben. Gerade deshalb wollen wir nicht zu viel Interpretation vorgeben, obwohl in den Texten sehr viel aus unseren persönlichen Erfahrungen drin steckt.“

Gilbert zur absolvierten Studiozeit: „Die lief glücklicherweise sehr harmonisch ab. Wir hatten uns für das Schlagzeug einige Tage extra Zeit genommen, da wir an vielen Stellen die Details noch nicht ganz ausgearbeitet waren. Die Lieder waren da noch sehr frisch und wir hatten im Vergleich zu unserem Debütalbum noch gar keine Gelegenheit gehabt, auch nur einen der Songs mal live zu erproben. Wir haben dann im Studio an den Schlagzeugspuren noch viel probiert und verändert im Vergleich zu den Demos. So hat sich das eigentlich bei den weiteren Aufnahmen auch durchgezogen. Wir hatten inzwischen glücklicherweise das technische Know-How und Equipment, um die anderen Instrumente und den Gesang in Eigenregie aufzunehmen. Das hat uns viel Freiheit beschert und wir hatten genügend Zeit, um an allen Ecken nochmal zu schauen, was sich verbessern lässt. Die Aufnahmen waren auch quasi eine kompositorische Qualitätskontrolle. Gezogen haben sich lediglich die Gesangsaufnahmen etwas, was aber in der Natur der Sache liegt, da bei unserem Genre sehr viele Chorstimmen an der Tagesordnung liegen. Zudem haben wir auch bis zur letzten Sekunde noch an den Texten gefeilt.“

© Markus Eck, 13.03.2024

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