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Interview: FILTH IS ETERNAL
Titel: Schonungslos fokussiert

Dass ihr neues Album „Find Out“ so dermaßen ruppig, aufmüpfig und auch immens energisch wurde, hat definitiv seinen Grund. Denn die oberste Direktive der wiedererwachten Formation aus Seattle ist, maximal aus sich selbst herauszugehen und dabei sinnbildlich durch alle möglichen Wände zu marschieren.

Die eigenwillige und bisweilen sogar melodische Mixtur aus Hardcore-Power, dreckigem Crust, rotzigem Punk- und Alternative Rock mitsamt oft ziemlich doomigem Indie- und Grunge-Flair hat es echt fies in sich. 



Unmittelbar soll es dabei unbedingt sein - und so knallen Filth Is Eternal mit jedem Lied amtlich eine vor den Latz.

„Schmutz ist ewig“ - der Bandname könnte heutzutage wohl auch als Mahnung an allen Zufahrtsstraßen zu jeder größeren Stadt stehen.

Gitarrist Brian McClelland grinst: „Auf jeden Fall. Chaos ist das Gesetz der Natur, Ordnung ist der Traum des Menschen. Dreck ist ewig.“

Darum ersucht, uns Europäern sein prägendstes, interessantestes oder eindringlichstes und irritierendstes Erlebnis im quicklebendigen Seattle zu beschreiben, zögert der Kerl keine Sekunde. 


„Oh ja, in meiner ersten Woche hier habe ich gleich mal Xiu Xiu und Tragedy live gesehen, und auch eine Menge toller lokaler Bands - alles separate Shows -, die allesamt nur wenige Gehminuten von meiner Wohnung entfernt waren. Mein Freund schenkte mir eine DVD-Kopie von Busted Circuits und Ringing Eardrums von TAD, und ich war sofort begeistert vom Pazifischen Nordwesten. Die ersten paar Wochen in Seattle waren für mich ein richtiger Crashkurs in einer lebendigen lokalen Szene voller Punks, Freaks und Spinner - und da wusste ich, dass ich zu Hause war!“ 


Wie Brian angeregt weiter berichtet, haben Filth Is Eternal für das aktuelle Album zuerst mal den Großteil der Songs komponiert.

„Wir machen bewusst genau diesen Prozess, bei dem wir zunächst mit Arbeitstiteln für die Songs werkeln, erst dann arbeiten wir die Texte aus und finden zusammen die passenden Themen. ‚Find Out‘ stach sofort als Titel heraus. Wir haben darüber gesprochen, wie er uns als Gruppe anspricht. Irgendwann werden wir alle ‚rausfinden‘.“

Gebeten, den Lesern den lyrischen Hauptinhalt von „Find Out“ näherzubringen, gerät Sängerin und Texterin Lis Di Angelo ins Sinnieren.

Zwischenmenschliche Missstände, unmoralische Zustände, zunehmende Unmenschlichkeit, ansteigende Gefühllosigkeit, unerträgliche Dummheit, gefährliche Rücksichtslosigkeit, größenwahnsinnig gewordene Regierungen usw.? Lis komprimiert das Ganze wie folgt:

„Meine Antwort auf diese Frage ändert sich, je mehr Zeit ich mit ihr verbringe. Ich glaube, ich erforsche die Natur meiner Realität und stelle uralte Fragen in den Vordergrund, die sich in der modernen Welt gleichermaßen wiederfinden.“

Auf dem rundum vielfältigen Release offenbaren sich tonnenweise ungestüme Wut als auch situativ zornige Aggressionen, selbst gehörig rebellische Gefühlsexplosionen sind dabei zu erleben - mit zahllosen harten, stampfenden und hämischen Haudrauf-Momenten.

Kantig produziert noch dazu - und der absolut kompromisslose Gesang passt perfekt zum Kratzbürsten-Sound an sich.

Brian freut sich und ergänzt, dass es für alle Beteiligten wirklich sehr intensiv war, das neue Album zu dem zu machen, was es am Ende geworden ist. 



„Aber wir hatten echt eine tolle Zeit. Wir wollten bevorzugt dieses stampfende Bass- und Schlagzeuggefühl einfangen, und wir mussten diesen ekelhaften Gitarrensound hinbekommen. Ich denke, dieses Album enthält durchaus einige von Lis’ besten Leistungen und einige meiner Lieblingssongs, die wir bisher geschrieben haben.“ 


Aus dem thematischen Kontext von „Find Out“ heraus direkt befragt, was sie tief in sich drin am schmerzlichsten erlebt, fühlt und spürt, wenn sie im TV oder Internet sieht, wie ein Großteil der Menschheit physisch und psychisch immer kränker zu werden scheint, obwohl man es nach Abertausenden von Jahren des Lernens doch eigentlich viel besser wissen sollte, wird Lis geradezu poetisch. 



„Ja, ich muss dabei sehr oft an das Licht denken, das auf dem Gürtel um die Leere gefangen ist; ich denke, wir sind allesamt nur Raum-Zeit, die darauf wartet, hineingezogen und pulverisiert zu werden. Das Halb-Bewusstsein, gefangen zwischen unmöglichen Welten.“

© Markus Eck, 10.09.2023

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