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Interview: SKÁLMÖLD
Titel: Lohnende Offenheit

Seit 2009 aktiv, zählen die fähigen Isländer mit ihrem Viking Folk Metal zu den etablierten Genrebands. Endlich kreuzt das beliebte Sextett wieder mit neuen Liedern auf - und liefert eine überraschend hochwertige Ladung!

Der Albumvorgänger „Sorgir“ erschien 2018 - Leadgitarrist Þráinn Árni Baldvinsson informiert zur fünfjährigen Wartezeit auf einen neuen Langspieler:

„Im Jahr 2019 haben wir beschlossen, eine Pause zu machen. Nichts Ernstes, nur eine Pause - wir waren und sind immer noch sehr gute Freunde, aber wir brauchten einfach eine Auszeit und wollten mehr Zeit mit unseren Familien verbringen. Wir haben alle Kinder, und wir wollten mit ihnen die Welt bereisen. Ursprünglich war die Auszeit zunächst mal für ein Jahr geplant. Aber dann kam Covid und hat die Welt durcheinander gebracht - und so wurde aus der Pause eine zweieinhalbjährige. Früher haben wir alle zwei Jahre ein Album veröffentlicht. Man sieht also, welchen Einfluss das ‚große C‘ auf alles hatte. Aber jetzt haben wir ein neues Album, und wir fühlen uns richtig, richtig gut. Das Glück ist da und alles ist gut.“

„Ýdalir“ basiert inhaltlich auf dem altisländischen Gedicht „Grímnismál“. Der Axeman dazu: „Obwohl wir immer neue Geschichten für unsere Alben schreiben, nutzen wir auch isländische Volksmärchen und die Sagas als Hauptinspirationsquelle. Es ist wichtig, den Leuten neue Sachen zu bringen und gleichzeitig von unserem Erbe zu erzählen. Ullur und Co. sind so cool, Ratatoskur und die Nornen … einfach zu cool, um nicht darüber zu schreiben.“

All die bewährten, alten (Natur)Weisheiten der nordischen Vorfahren üben auf so viele eine immense Faszination aus - was jährlich noch zunimmt.

In archaischen Zeiten gab es eben keine Psychiaterliegen, da mussten und wussten sich die Menschen vielfach selbst zu helfen. Þráinn Árni nickt dazu mit entspannter Miene:

„Zeit in der Natur zu verbringen ist die beste Therapie. Wir sollten mehr auf die Berge, den Wind, das Meer und die Bäume hören. Das gibt einem inneren Frieden. Ich verbringe viel Zeit in der Natur und das hilft mir, ruhig und glücklich zu bleiben. Alles kommt ins Gleichgewicht und in die richtige Perspektive, wenn man sich entspannt und sich auf die kleinen Dinge in der Natur konzentriert - kleine Dinge, die im Kontext und Rhythmus der Welt doch so groß sind.“

Das neue Material ist ziemlich großartig, und das sogar auf allen Ebenen - es scheint, als hätten die Isländer ein sehr inspiriertes Songwriting gehabt. Der Gitarrist freut sich:

„Wir hatten die beste Zeit beim Schreiben und Aufnehmen des Albums. Wir haben wirklich hart gearbeitet und viel Zeit mit den Songs verbracht - und der Schreibprozess war etwas, das wir liebten, respektierten und schätzten. Wir als Band und Garðar, unser Produzent, haben jede Minute davon genossen. Fast jede Minute, denn wir wollten, dass das Album unser bestes Album wird, also haben wir manchmal ein bisschen übertrieben. In jeder Hinsicht. Aber das Endergebnis ist meiner Meinung nach fantastisch. Also, alle Gefühle und Emotionen sind auf ‚Ýdalir‘ zu finden.“

Mit all den überwältigenden neuen Melodien können Skálmöld auf ganzer Linie überzeugen. Befragt, woher die Gruppe das intuitive Gespür und die profunde Fähigkeit hernimmt, solch immens bewegende Tonfolgen zu erdenken und diese in Verbindung mit dem kraftvoll instrumentierten Metal zu einer so herzhaften, kriegerischen, mitreißenden Mischung zu veredeln, kommt eine ganz simpel gehaltene Antwort von Gevatter Baldvinsson:

„Wir schreiben einfach Musik. Ich muss Musik schreiben, jeden Tag. Ich muss jeden einzelnen Tag Musik spielen und hören. Und da ich mich von allem inspirieren lasse, was mich bewegt, fallen mir Melodien ganz leicht. Musik ist überall um uns herum. Wir müssen nur bereit sein, sie aufzugreifen und an ihr zu arbeiten, sie zu schätzen und zu respektieren. Wer ständig ein Instrument spielt oder den ganzen Tag singt, zu dem kommen die Melodien, um sie zu bearbeiten und um sie zu den eigenen zu machen. Musik ist für jeden da - um sie zu genießen und zu teilen, man muss nur bereit sein und dafür arbeiten; nichts kommt zu denen, die herumsitzen und warten.“

Schätzens- als auch hörenswert erklingt auf dem neuen Release auch der Hauptgesang mitsamt all den vielfältigen Co-Arrangements - wie ein eigenes Instrument, das perfekt zu jeder Facette der Songs passt.

Ob das genau so geplant war oder ob es sich einfach so ergeben hat, das erläutert der Saitenschrubber:

„Auf diesem Album wollten wir, dass Gitarrist Baldur Ragnarsson und Keyboarder Gunnar Ben mehr singen, ja, dass sie mehr ein ‚Instrument‘ sind, wenn man so will, und dass unser Björgvin Sigurðsson nicht mehr nur der einzige Hauptsänger in Skálmöld ist. Wenn man sich unsere anderen Alben anhört, singen Gunnar und Baldur hier und da ein bisschen, und natürlich singen wir alle Refrains usw. Dieses Mal aber wollten wir, dass sie, Gunnar und Baldur, einen größeren Anteil an allem haben. Jón Geir, unser Schlagzeuger, singt sogar einen großen Teil eines Songs! Und das funktioniert wirklich gut.“

© Markus Eck, 02.08.2023

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