Interview: | THE GEMS |
Titel: | Jetzt erst recht! |
Als Thundermother-Gitarristin Filippa Nässil Anfang Februar 2023 völlig überraschend ihre sofortige Trennung von Sängerin Guernica Mancini, Bassistin Mona Lindgren und Schlagzeugerin Emlee Johansson verkündete, brach für die drei Geschassten eine ganze Hard-Rock-Welt zusammen.
Doch anstatt enttäuscht zu resignieren, bildete das verbliebene Trio eine umso fester verschworene Schwesternschaft - The Gems waren geboren. Über die Trennungsgründe wurde vielfach ins Leere spekuliert - denn die Beteiligten behielten es strikt für sich, schweigen sich bis heute geflissentlich dazu aus.
Sofort im Anschluss an die sich damalig überschlagenden Ereignisse gründeten die Schwedinnen ihre neue eigene Band und begannen, erst mal dabei so richtig in Fahrt gekommen, auch gleich umgehend mit dem Songwriting für das anstehende Debütalbum!
Letzteres, situativ bestens passend zur entschlossenen Aufbruchstimmung „Phoenix“ betitelt, spult den knackigen Classic-Hard-Rock-Faden des Trios weiter ab.
Wie Guernica im Gespräch mit merklicher Entschlossenheit wissen lässt, überdacht dessen Betitelung vollumfänglich das musikalische Wiederauferstehen des Dreiers. „Absolut, wir steigen hoch aus der Asche auf! Wir wollten keine Zeit verstreichen lassen, wollten einfach nicht traurig sein - stürzten uns somit bei der Gelegenheit auch gleich tief ins Songwriting.“
Natürlich sollte es keine Kopie des Thundermother-Sounds sein, sagt sie mit ernster Miene, sichtlich von tieferen Wallungen ergriffen.
„Nein, keinesfalls, wir haben die typischen AC/DC-Linien modifiziert etc. - alles klingt sehr eigenständig, sehr frisch und voll und ganz nach The Gems! Ich weiß es noch genau, das Gefühl war so stark: Als wir damit loslegten, eigene Songs zu schreiben, mutete es für uns drei an wie ein überfälliger Befreiungsschlag, beinahe unbeschreiblich überwältigend. Da merkten wir erst, wie befangen und eingeengt wir uns zuvor so lange fühlten. Mit jedem Tag wurde es einfach immer noch schöner, besser und vor allem auch produktiver.“
Somit war dem Autoren simultan zum letzten Statement die Wahl des Bandnamens klar, was Guernica flugs bejahend abnickt.
„Ja, wir fühlen uns sehr wertvoll, wir sind schließlich alle drei einzigartige Menschen und Künstler, und demzufolge wollen wir unser Licht niemals wieder auch nur ansatzweise unter den Scheffel stellen.“
Überhaupt, „Phoenix“ erhebt sich mit eindeutiger Frauenpower-Message, so ist mit dezent aufbrausender Stimme zu erfahren. „Yeah, genau das, darum geht’s uns - und wir haben viel dazu zu sagen!“ Wem das Herz voll ist … dem geht der Mund über, diese Weisheit trifft es hierbei also einfach exzellent.
Denn an alles andere als ans Aufgeben dachten die Verbliebenen selbst dann, als ihnen die Kündigungsnachricht von Donnermutter Filippa Nässil zukam. Thundermother? The Gems! Letzteres Ausrufezeichen gilt somit der neuen Band, um jedwedes Fragezeichen betreffs ihrer Motivation fix herunterfallen zu lassen.
Wie die selbstsichere Guernica weiter zu berichten weiß, wurden auf den ‚phoenix’schen‘ Erstschlag gleich mal proklamierend ganze 16 Tracks gepackt. „Ja, das ist nicht wenig, ich weiß - aber wir haben schließlich ganze drei Interludien zwischen die eigentlichen Lieder platziert, die jeweils so circa eine Minute dauern. Eines davon kommt ziemlich folkig rüber, und ein anderes fungiert gar als das Titelstück! Ich denke, das wird so niemand von uns erwartet haben, und genau so wollten wir es auch haben. Unsere Freundin Maria spielte uns für deinen Klassik-inspirierten Interludienteil auch etwas mit ihrer Violine ein, was als Intro zu unserer Ballade ‚Ease Your Pain’ führt - also alles sehr vielseitig. Auch damit zeigen wir, dass wir mehr sind als ‚nur’ eine obligatorische Rockband. Alles in allem kommt unsere Debütscheibe aber auf die klassisch bewährte Spieldauer von 45 Minuten.“
Das Songwriting ging bekanntlich bereits kurz darauf los, nachdem das taufrisch formierte Trio sich mit der neuen Situation konfrontiert sehen musste.
„Wir gingen da echt durch ein Trauma und einen ‚Liebeskummer‘ gleichzeitig sozusagen, was unser weiteres künstlerisches Fortkommen zu einer ziemlichen - auch bzw. vor allem emotionalen - Herausforderung werden ließ. Hätten wir drei uns nicht gegenseitig so dermaßen aufgefangen, unterstützt und zu Neuem ermuntert, ich persönlich hatte zugegebenermaßen Jahre gebraucht, um darüber hinwegzukommen. So aber waren wir kreativ wie nie, die Songs entstanden im Zeitraum bis Ende Juni bzw. Anfang Juli. ‚Queens‘ beispielsweise schrieben wir zum Schluss hin sogar noch direkt im Studio, weil wir so quirlig und einfallsreich waren - aufgenommen wurde die Nummer am letzten Tag im Studio!“
Zusammenhalt, enger denn je, ist also das Motto der Stunde bei The Gems.
Und das hört man den neuen Songs auch definitiv voll und ganz an, ist sich die Sängerin sicher.
„Vor allem auch die Lyrics drehen sich um das Thema Überwindung und darum, nicht aufzugeben. Es gibt fast immer ein Licht am Ende des Tunnels, ich singe davon in unserer erwähnten Ballade - das Konzept dafür stammt von mir und Mona. Als sie mich in Tränen aufgelöst sah, kam ihr die Idee. Sie wollte mich trösten, und den Herzschmerz von mir nehmen, so kam der Titel ‚Ease Your Pain‘ zustande. Wer sich so eine Gegebenheit mal verinnerlicht, der versteht sicherlich besser, wie tiefgreifend und nachhaltig uns das Ganze beanspruchte. Letztlich wollten wir drei einfach nur eine das Beste für die andere tun, und exakt diese Prämisse prägte die im Weiteren entstandenen Kompositionen zutiefst.“
Zorn, Wut, Schmerz, Kummer etc., all das floss geradezu in Strömen in „Phoenix“, so offenbart Guernica thematisch generalisierend - klassisches Rock’n’Roll-Futter also, mit welchem die neue Musik des Dreiers knallsatt gefüttert wurde. „Ja, dieses Album gleicht wahrlich einem Spiegel all unserer Gefühle und Befindlichkeiten, die wir zu dritt gemeinsam so intensiv durchlebten. Im Nachhinein gesehen, können Rocksongs an sich ja gar keine bessere Grundlage haben als wirklich packende, heftig aufwühlende Gefühle, oder?“
© Markus Eck, 04.01.2024
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