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Interview: VARG
Titel: Umfassend gereift

Mit ihrem achten Album „Ewige Wacht“ präsentieren die ebenso wandelbaren wie hartnäckigen Pagan-Metal-Akteure ihr bislang kompaktestes und eingängigstes Werk. Tatsächlich offenbart der aktuelle Nachfolger zum 2020er Langspieler „Zeichen“ auch, dass selbst Besetzungswechsel der Band die wölfischen Reißzähne nur geschärft anstatt gezogen haben.

Gitarrist und Sänger Freki erachtet „Ewige Wacht“ definitiv als einen massiven Meilenstein in der Bandgeschichte, wie er entschlossen zu proklamieren weiß. „Andere Highlights an die ich gerne zurückdenke sind die allererste Show in Wacken, das erste Mal überhaupt in den Charts gewesen zu sein und unsere erste Tour durch Nordamerika. Wir haben in den vergangenen 18 Jahren wirklich sehr viel erlebt und ich bin dankbar für jeden einzelnen Tag, jedes Konzert und jeden Fan der uns in dieser Zeit treu begleitet hat.“

„Zeichen“ erklomm im 2020er Spätsommer sogar Platz 16 der deutschen Albumcharts. Der Frontmann bilanziert hierzu freudig: „‚Zeichen‘ war definitiv ein Neustart für Varg. Die Rückbesinnung auf den ‚Pagan Metal‘-Ursprung der Band und ein authentischer, gerader Weg, den wir von dort aus eingeschlagen haben. Wir haben das Gefühl dass es fast alle Varg-Getreuen super finden - und viele alte Fans, denen die Jahre 2012-2016 mit uns zu modern waren, sind mit ‚Zeichen‘ wieder zurückgekommen und stehen heute felsenhart in den Reihen der Wölfe.“


Mit Touren zum letzten Album wurde es auch für die beständigen Heidenmetaller in pandemischen Zeichen leider nichts, doch nun herrscht auch auf dieser Ebene höchste Aufbruchsstimmung.

„Wir freuen uns riesig darauf unser neues Album endlich live zu spielen und unseren Anhängern die neuen Songs und unsere neue Show präsentieren zu können. Konzerte sind bei uns schließlich ein sehr wichtiger Bestandteil für das ‚Gefühl‘ das wir mit Varg transportieren. Es gibt nichts Authentischeres als die Reaktionen und Emotionen unserer Fans bei unseren Konzerten live mitzuerleben. Gänsehaut. Leben. Die Tour wird der Hammer!“


Die leidige Covid-Zeit haben Varg mit improvisatorischem Geschick unbeschadet überstanden. Freki:

„Wir haben immerhin ein paar Konzerte realisieren können und die restliche Zeit möglichst kreativ genutzt und dabei an neuen Liedern und Ideen gearbeitet. Trotzdem sind wir natürlich überglücklich, dass Konzerte und Festivals jetzt wieder normal möglich sind.“



„Ewige Wacht“, so fügt der langjährige Musikus an, ist nun emotionaler, härter und gleichzeitig melodiöser denn je. „Ich denke wir sind an und mit diesem Album wirklich gewachsen und merklich gereift. Es zeigt auf, wo wir heute stehen und es gibt die Richtung vor in die wir uns immer weiter entwickeln. Für mich persönlich eindeutig das bisher beste Varg-Album in unserer Laufbahn.“

Songwriting, Produktion und die Umsetzung der Ideen sind in seinen Augen sogar perfekt gelungen. „Bei den Videodrehs hätte ich mir zwar schon noch mehr Zeit gewünscht, aber das ist wirklich Meckern auf hohem Niveau.“


Mit dem Track „Fylgja“ hat die bayrische Formation eine ihrer am besten gelungenen und seriösesten Nummern überhaupt am Start, erstaunlich ästhetisch und auch genreübergreifend hörenswert. „Die Idee, die Melodie und der Großteil vom Text kommen von unserer Sängerin Fylgja selbst. Ohne sie hätte es diesen Song überhaupt nicht gegeben und wir sind wirklich begeistert wie gut sich ‚ihr‘ Songwriting mit ‚unserem‘ dabei vereint hat. Sie ist ja ausgebildete klassische Sängerin und wertet uns mit ihrer umwerfenden Stimme auf, wie ich es alleine nie könnte.“


Bei Varg, so Freki, reifen die Grundideen für Songs, Melodien und Texte oft über mehrere Wochen, so auch diesmal.

„Wenn wir uns dann wirklich mal aktiv an die Kompositionen setzen, dann dauert es selten länger als 24 Stunden bis ein Lied im Rohzustand steht. Die Feinheiten und Details entwickeln sich dann oft erst im Aufnahmeprozess für das Album.“


Wie weiter zu erfahren ist, ist die Stimmung innerhalb der Gruppe unglaublich familiär, herzlich und letztlich freundschaftlich.

So verlief die kompositorische Zusammenarbeit auch diesmal sehr angenehm.

„Leider hatten wir gerade in den letzten Monaten wenige Termine gefunden an denen alle zusammen an den Songs arbeiten konnten - und so haben Fylgja und ich uns notgedrungen einige Nächte zu zweit um die Ohren geschlagen um den Kompositionen ‚Eisenseite‘, ‚Fylgja‘ und ‚Morgenrot‘ den letzten Schliff zu geben. Das war harte Arbeit aber auch echtes Teamwork und jede Stunde Schweiß und Tränen hat sich am Ende ausgezahlt!“

Die größte Freude hat dem Sänger die Umsetzung des Titeltracks „Ewige Wacht“ bereitet. „Ich habe die Melodie und Textteile über Monate hinweg im Kopf gehabt und es war ein unglaubliches Gefühl den Song dann endlich final produziert und aufgenommen anzuhören. Gänsehaut pur.“

Im Grunde haben Varg, noch bevor „Zeichen“ veröffentlicht wurde, bereits den ersten Song für „Ewige Wacht“ geschrieben, informiert Freki. „Wir haben uns viel Zeit genommen um die Songs reifen zu lassen und ich finde das hört man dem Album auch an. Knifflige Arbeitspassagen gab es im Songwriting eigentlich nicht, höchstens die gemeinsame Terminfindung, da jeder natürlich noch ein Leben außerhalb vom Varg- Kosmos führt und außer Fylgja und mir keiner mehr in Coburg oder näherer Umgebung wohnt.“


„Ewige Wacht“ erzählt vom Aufrechterhalten und Weitergeben des alten Glaubens, wie anschließend berichtet wird. „Sozusagen von der ‚Flamme unserer Ahnen‘. Neben der nordischen Mythologie sind Familie, Schutz, Sehnsucht und Loyalität Leitthemen des neuen Albums. Wir gehen den mit ‚Zeichen‘ eingeschlagenen Pfand konsequent weiter, ohne uns selbst zu kopieren oder zu wiederholen. Die Texte kommen aus unseren Herzen und sollen unsere Hörer genau dort treffen.“

Schwieriger geworden, inhaltlich noch attraktive Anreize zu finden, nachdem schon alles zum Kontext besungen wurde in den letzten zwei Dekaden, ist es für Varg nicht - eher das Gegenteil ist laut Freki sogar der Fall.

„Man reift mit der Zeit und verarbeitet sein eigenes Leben und seine Gedanken in den Texten. Das Leben steht nicht still - und so werden uns die Textideen sicher noch lange nicht ausgehen.“

Als originelle Marketing-Idee erscheint der überraschende Umstand, dass das 2-CD-Digipak neben elf brandneuen Varg-Songs eine Bonus-CD beinhaltet, auf der alle Stücke von einer Vielzahl namhafter Gäste aufgeführt werden, darunter Bands wie Rotting Christ, Kanonenfieber, Alestorm, Nachtblut, Korpiklaani, Obscurity, Týr, und Harpyie.

„Ich finde es unglaublich spannend wie befreundete Sänger einen unserer Songs interpretieren, phrasieren, betonen und dem Lied damit ihren ganz eigenen Stempel aufdrücken. Wir sind seit fast 20 Jahren in dieser Szene unterwegs. Da haben sich viele Freundschaften ergeben und wir sind sehr dankbar für jedes Feature auf dem neuen Album. Die ‚Bonus‘-CD ist durch den Einsatz und das Herzblut der Gäste einfach etwas ganz Besonderes.“


Die vorangegangene Studiozeit für „Ewige Wacht“ haben die Bandmitglieder eher genossen als unter den Anstrengungen gelitten, wie Freki postuliert.

„Es war wirklich toll und familiär. Der Sound hat fast auf Anhieb gepasst, die Stimme war sofort so wie sie sein sollte und wenn man mit seinen Mitmusikern gut vorbereitet in die Aufnahmen startet, dann kann es am Ende nur gut werden. Unser Produzent ist zudem seit mehr als einem Jahrzehnt nicht nur derselbe, sondern auch ein wirklich guter Freund, ein musikalisch extrem begabter Mensch und gleichzeitig auch unser Tontechniker für die Konzerte. Ohne André Hofmann und seine Hofmann Studios in Coburg würden wir vielleicht gar nicht da stehen wo wir heute sind.“


Und mit Ulvar an der Rhythmusgitarre und Schlagzeuger Rohgarr hat die Wolfsmeute gleich zwei neue Musiker in der Truppe, die frischen Wind hereingebracht haben. „Ich bin wirklich sehr stolz darauf, auch die Bühne mit so tollen Menschen und talentierten Musikern teilen zu dürfen. Ich heiße die beiden auch an dieser Stelle ganz herzlich willkommen bei uns!“

© Markus Eck, 27.09.2023

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